Im Spannungsfeld zweier totalitärer Regime reist der Musikwissenschaftler Alfred Quellmalz im Dienste des Nationalsozialismus im Südtirol der 1940er Jahre umher, um die Volkslieder der deutschsprachigen Bewohner auf einem hochmodernen Magnetophongerät aufzunehmen. Ein aufwändiges Unterfangen, das angesichts der schnellen politischen Veränderungen auch zum Wettlauf gegen die Zeit wird. Die aufgenommenen Lieder bezeugen heute unhörbar die Ängste und die Zweifel der für das deutsche Reich optierenden Südtiroler. Viele von denen, die auf Tonband aufgenommen werden, stehen kurz davor, ihre alte Heimat aufzugeben, um in das nationalsozialistische Deutsche Reich umzusiedeln.
Südtirol im Faschismus und im Nationalsozialismus
„Die Reichsgrenze ist und bleibt der Brenner“ – mit diesen oder ähnlichen Worten hat Adolf Hitler in den 1930er Jahren mehrmals die Zugehörigkeit Südtirols zu Italien bekräftigt. Damit erlosch auch die Hoffnung vieler Südtiroler auf den Anschluss Südtirols an das Deutsche Reich. Mit einem kurz und umgangssprachlich „Option“ genannten Umsiedlungsabkommen zwischen Hitler und Mussolini im Jahr 1939 sollte der Unmut innerhalb der Südtiroler Bevölkerung endgültig beendet werden. Wer sich als „volksdeutsch“ empfand, sollte in das Deutsche Reich umsiedeln, wer sich zum italienischen Staat bekannte, sollte – ausschließlich italienisch sprechend – in seiner alten Heimat bleiben. Viele konnten sich auch bis zum Ablauf der Entscheidungsfrist nicht wirklich entscheiden. Mit 31. Dezember 1939 endete schließlich die sehr kurz bemessene Entscheidungsphase. Ca. 86 % der Bevölkerung entschieden sich für die Umsiedlung in das Deutsche Reich. Dieses deutliche Ergebnis lag einerseits an der grundsätzlichen NS-Affinität der deutschsprachigen Südtiroler, aber auch an der massiv erlebten Repression seitens der faschistischen Diktatur gegen alles deutsche in Südtirol seit den 1920er Jahren.
Die im Auftrag von Heinrich Himmler eingesetzte und unter der der Schirmherrschaft des SS Ahnenerbe arbeitende „Südtiroler Kulturkommission“ hatte nun die Aufgabe, im Rahmen der Umsetzung der Umsiedlung die Bräuche, Lieder und Tänze der Südtiroler zu dokumentieren. Unzählige Fotografien, Film- und Tonaufnahmen aus dieser Zeit dokumentierten diese spannungsgeladene Zeit und wurden zur Grundlage des Dokumentarfilms „Quellmalz“.